Diffusionsmedien vs. Fokusmedien

Diffusionsmedien zerstreuen, überraschen, unterhalten und lenken ab.

Mir ist langweilig, also schnell mal schauen, was es auf Facebook Neues gibt, kurz eine WhatsApp Nachricht geschrieben, ein Video geschaut oder ein spannendes Spiel zwischendurch gespielt. Tolstoi hat einmal die Langeweile als „den Wunsch nach Wünschen“ beschrieben. Etwas entdecken zu können, reizt – und hat erhebliches Suchtpotenzial. Dazu kommt der Wunsch, dabeizusein (in der Community) und nichts zu verpassen. Wer sich bei Facebook abmeldet, verliert auf einen Schlag mehr Kontakte, als Menschen in der Zeit vor Social Media überhaupt hatten. Das weckt archaische Verlassensängste. Tief in unserer Genetik eingebrannt wissen wir, dass wir die Gemeinschaft zum Überleben brauchen. Allein zurückgelassen, das fühlt sich nicht gut an.  Auch wenn rational betrachtet selbst 2.000 Facebook-Freunde nicht bedeuten, dass jemand einem hilft, die Waschmaschine zu tragen.

Diffusionsmedien sind für Werber interessant.

Diffusionsmedien werden meist ohne besondere Aufmerksamkeit und nebenbei konsumiert. Medienkonsum rund um die Uhr lässt die Angst vor der Leere gar nicht erst aufkommen. Werbebotschaften über Diffusionsmedien unterfliegen meist den Radar der kritischen Betrachtung, vor allem wenn der Nutzer im Multitaskingzustand unterwegs ist: auf dem Fernseher das Musikvideo und nebenbei das Handy nutzen – und auf dem Tisch vielleicht noch die Arbeit, von der man sich gerade gerne ablenken lässt.

Wenn es um inhaltliche, einfache Konsumbotschaften geht, kann gerade mit Diffusionsmedien große Wirkung erzielt werden. Ein angesagter Youtube-Influencer verdient mit seinen direkten oder subtilen Produktempfehlung deshalb so viel, weil diese Form der Beeinflussung wirkungsvoll ist.

Wenn es aber notwendig ist, (Werbe)Botschaften zu verstehen, Menschen nicht nur als Konsumenten anzusprechen, müssen Diffusionsmedien anders gestaltet werden – mehr in Richtung Fokusmedien. Denn es ist durchaus möglich, den Inhalt und Nutzungsrahmen typischer Diffusionsmedien gezielt so zu verändern, dass die Aufmerksamkeit stärker fokussiert wird. Das ist vergleichbar mit einem guten Sporttraining: Das lockere Aufwärmen ist die Basis für das konzentrierte Training bevor zum Schluss wieder ein spielerischer Abschluss gefunden wird. Also das Sandwich-Prinzip: außen die Beilage – innen das Nahrhafte!

Fokusmedien fesseln ganz und gar die Aufmerksamkeit des Nutzers.

Das Buch nicht mehr aus der Hand legen zu können und die Nacht durchlesen; beim Serienmarathon noch die nächste Staffel schauen; bei einer Unterhaltung völlig die Zeit vergessen; den langen Artikel auf der Webseite bis zum Schluss durchlesen und sich vom Inhalt sogar eine Notitz machen; bei einem Konzert zum Teil der Veranstaltung werden …

Es ist weniger das Medium für sich, was eine Fokuskommunikation ausmacht. Es ist die Haltung zum Inhalt, das Ausblenden des Drumherums. Eine kreativ gestaltete Broschüre mit hervorragenden Aufnahmen auf besonderem Papier gedruckt ist natürlich anziehender als eine 0815 Massendrucksache. Mehr Qualität von Bild, Text und Gestaltung und ein stärkerer Fokus auf die Bedürfnisse des Lesers bzw. Betrachters sind der Schlüssel, um ungeteilte Aufmerksamkeit zu gewinnen – vor allem, wenn noch das Prinzip „Weniger ist mehr“ niemals vergessen wird.

Quintessenz:

Kommunikation schafft Beziehungen – und der Kitt von Beziehungen ist Verständnis. Je mehr Verständnis, umso mehr Vertrauen wird aufgebaut. Typisch genutzte Diffusionsmedien sind aber kein ideales Medium, um Botschaften oder Informationen leicht zu verstehen – vor allem, wenn diese über eine reine Meinungsäußerung und Zerstreuung hinausgehen.

Um stabile, verlässliche Beziehungen aufzubauen – das gilt auch für Geschäftsbeziehungen – braucht es die entsprechende Kommunikation. Es muss dem „Produzenten“ gelingen, die uneingeschränkte Aufmerksamkeit des „Nutzers“ über die nötige Zeitspanne zu gewinnen. Und das ist keine Einbahnstraße: Nur wer selbst mit voller Aufmerksamkeit und Energie agiert, kann volle Aufmerksamkeit und Energie erwarten. Wir können darauf vertrauen, dass Begeisterung ansteckt. Und so kann Kommunikation in gegenseitiger Resonanz entstehen. Gegenseitige Resonanz bedeutet auch, dass der Konsument zum Prosument wird. Das heißt, er ist eigenmotiviert und bewegt sich uns entgegen. Es braucht keinen (Werbe)druck mehr, wir müssen nicht länger mit Botschaften nerven! Slow communikation bietet für diese Form der Kommunikation viele konkrete Lösungsansätze.